Über die alten und neuen Mysterien – 13 – Von den neuen Mysterien überhaupt


cropped-pompeii-villa-of-mystery-3Wenn man hört, dass ungefähr in der Mitte des 6. Jahrhunderts die alten Mysterien sich aus der Welt geschlichen, und dagegen hält, dass im 18. Jahrhundert erst eine Gesellschaft in der Welt bekannt wird, die wiederum in ihrem Mittel Geheimnisse aufbewahrt, so kann das einem jeden nicht anders, als sehr sehr befremdlich vorkommen. Woher diese große Lücke? Gab es in dem ganzen Zwischenraum von beinahe 1200 Jahren gar keine Geheimnisse in der Welt? War keine einzige Gesellschaft in dem ganzen mittleren Zeitalter, welche Dinge in sich fasste, die sie vor andern verborgen hielt?

Zu vermuten ist es nicht, wenn man auch nur bloß nach dem Gang urteilt, den das menschliche Denken von Anbeginn genommen hat. Haben die alten Zeiten ihre mysteriösen Gesellschaften gehabt, existieren dergleichen auch noch in neuern Zeiten, so kann man auch schon mit vieler Wahrscheinlichkeit vermuten, dass es in der Zwischenzeit auch nicht daran gefehlt hat. In der kirchlichen Geschichte kommen in der Tat verschiedene dergleichen Sozietäten vor, die aber eben in keinem günstigen Licht stehen, als Bogomilen, Patarener, Katharen, Albigenser, und das große Gefolge der Mystiker, die gleichsam da anfingen, wo die Mysterien der alten Welt aufhörten, und von da ganze Jahrhunderte hindurch fortgedauert haben, auch noch jetzt fortdauern. Aber von diesen ist hier nicht die Rede. Denn hatten gleich alle diese Parteien ihre Heimlichkeiten; so ist doch so viel gewiß, dass solches nicht so wohl eigentlich Mysterien waren, sondern dass nur vielmehr die Not sie zwang, Dinge zu verheimlichen, um nicht den Ketzer-Richtern in die Hände zu fallen, welche sie ohne diese Furcht ohne Bedenken der ganzen Welt würden haben sagen können, und auch gesagt haben.

Unter den neuen Mysterien, von welchen hier die Rede ist, verstehe ich daher eigentlich diejenige Sozietät, welche unter dem Namen der Freimaurer in diesem Jahrhundert allgemein bekannt geworden, und welche ich hier mit den Mysterien der Alten zusammen stelle. Die Begriffe, die der Abt R… von dem Ursprung, der Verfassung, und dem Zweck dieser Sozietät gemacht hat (Recherches sur les Initiations anciennes et modernes. Amsterd. 1779), bestimmten mich, diese Materie, in so weit es vor den Augen der Welt geschehen kann, mit einiger Genauigkeit zu untersuchen, und hierüber eben so richtige und der Wahrheit angemessene Begriffe zu geben, als ich ehedes bemüht gewesen bin, den Orden gegen seine Widersacher zu verteidigen.

Die erste Frage, die hiebei vorkommt, ist diese: Ob überhaupt, und in wie ferne die Maurerei mit den Mysterien der Alten in Parallel gesetzt werden könne? Diese Frage kann nicht anders als in verschiedener Hinsicht auch sehr verschieden beantwortet werden. Es ist Hauptgesetz unter den Freimaurern, dass ihre Gesellschaft nichts enthält, was der Religion, dem Staat, und den guten Sitten zuwider wäre. Ich glaube wohl, dass es unter den sogenannten Freimaurern Leute genug gibt, die dieses mit gutem Gewissen nicht von sich behaupten können. Wo man gewisse politische Pläne hat, wo man eine gewisse Art von weltlicher Superiorität ausübt, und gleichsam Statum in Statu formiert, wo die Freimaurer anderer Länder unter eine gewisse Art von Kontribution an die sogenannten hohen Obern gesetzt wurden, wo man von gewissen Restaurationsplänen redet, usw. da kann man gewiß nicht mit Wahrheit, wenigstens nicht ohne ein Argumentum Jesuiticum sagen, dass die Sozietät nichts in sich fasse, das dem Staat entgegen wäre. Eben so gewiß ist es auch, dass andere, die sich in ihren sogenannten Logen alle Ungebundenheiten erlauben, es nicht mit vollkommener Wahrheit sagen können, dass sie den guten Sitten nicht entgegen handeln. Aber beides sind auch nie wahre Freimaurer gewesen: denn diesen Namen verdienen allein diejenigen, bei welchen das Grundgesetz gilt, dass ihre Sozietät weder der Religion, noch dem Staat, noch den Sitten entgegen ist.

Hier findet sich gleich ein wichtiger Zug, der die alten Mysterien von denenjenigen des Freimaurer-Ordens auf eine sehr auffallende Weise auszeichnet. Man würde freilich sehr ungerecht handeln, wenn man von den Mysterien der Alten sagen wollte, dass sie wider den Staat, wider Religion und Sitten gewesen wären. Die Wahrheiten, die in denselben vorgetragen wurden, waren eigentlich wahre Religion. Der Staat selbst beschützte sie, und bediente sich der eigentlichen kleinen Mysterien als einer wichtigen Stütze zur allgemeinen Wohlfahrt, und so verderbt auch bei manchen Mysterien die Sitten mit der Zeit wurden, so waren doch dies nur Ausartungen. Aber dennoch bleibt es gewiß, dass diese Mysterien, wenn sie offenbar geworden wären, nicht nur die ganze herrschende Religion, sondern auch den Staat gänzlich umgekehrt haben würden. Man kann also, ungeachtet der Wahrheit und innern Güte derselben, von ihnen behaupten, dass sie der Religion und dem Staat entgegen gewesen, und es nur allein dadurch nicht geworden, dass sie verdeckt geblieben sind. Alles dieses trifft bei den Mysterien der Freimaurer nicht ein. Wie die echten Geheimnisse der Maurerei in ihrer äußern Verfassung weder der Religion, noch dem Staat, noch den Sitten zuwider sind, so sind sie es auch nicht in ihrem Innern. Es existiert gegenwärtig nicht mehr eine äußere Volks- und eine innere Mysterien-Religion, wie in der heidnischen Welt; und schon von hieraus sieht man den wichtigen und wesentlichen Unterschied, der zwischen jenen und diesen Mysterien herrscht.

Ein andrer wichtiger Unterschied liegt in der Beschaffenheit der Personen, denen die Mysterien mitgeteilt wurden. Bei den Ägyptern und andern alten Völkern waren sie an einen gewissen heiligen Stamm gebunden, und waren sie gleich bei den Griechen etwas freier, so waren sie doch auch nur immer das Teil der Priesterschaft, oder solcher Personen, die die höchsten Würden im Staat bekleideten. Bei der Maurerei findet dieses nicht statt. Sie ist unter gewissen Einschränkungen für jedermann. Kein Stand im Staat hat daran ein ausschließendes Anrecht, und der geringste kann daran eben so gut Anteil haben, als der allervornehmste. Vielmehr wenn einige sogenannte Freimaurer ihre Mitglieder nach ihrem äußern Stand und Geburt klassifizieren, und sie nach denselben hier oder dazu bestimmen, so ist dieses ein ganz untrügliches Zeichen, dass sie falsch sind, und von der Wahrheit und Beschaffenheit des Ordens auch nicht die allergeringsten Begriffe haben. Bei der wahren Maurerei kommt es allein auf innere Empfänglichkeit an. Hat man diese nicht, so mag man eine Stiftsfähigkeit von 99 Ahnen haben, und noch so hohe geistliche und weltliche Würden im Staat bekleiden; man ist unfähig, zu etwas zu gelangen. Freilich sah man bei den Alten gleichfalls auf innere Empfänglichkeit, und sonderte deswegen unter ihren Priestern diejenigen aus, die man für die würdigsten hielt: aber dennoch waren es doch noch immer Priester der Volksreligion oder vornehme Männer, denen man den Zugang zu den großen Geheimnissen gewährte.

Die Art der Mysteriokrypsie gibt noch einen andern wichtigen Unterschied zwischen den alten und neuen Geheimnissen an. Der vornehmste Grund, warum bei den Alten die Mysterien dem Anblick der Welt entzogen wurden, war, um den Nachteil zu vermeiden, der dem Staat und der herrschenden Religion durch ihre Entdeckung zuwachsen konnte. Alles dieses findet bei der Maurerei nicht statt. Wäre es möglich, dass sie entdeckt, und der Welt vorgelegt werden könnte, so würde man mit Verwunderung sehen, dass sie auf den Staat, und die Religion keinen Bezug haben, und also aus dieser Hinsicht immerhin der Welt vorgelegt werden könnte. Und wäre ja ein Einfluss vorhanden, den sie auf den einen, oder auf die andre hätte, so würde es gewiß kein solcher sein, der der Ruhe und Glückseligkeit derselben nachteilig sein könnte.

So weit die alten und neuen Mysterien in Ansehung ihres Gegenstandes, in Ansehung der Personen, welchen sie mitgeteilt wurden, und der Ursachen ihrer Verheimlichung aus einander stehen, eben so weit gehen sie auch in Ansehung dessen, was man sich davon verspricht, von einander ab. Man versprach sich von den kleinen Geheimnissen einen bessern Zustand in der zukünftigen Welt, und von den größern nichts geringeres als *****. Alles dieses sind der Maurerei ganz unbekannte Dinge. Man weiß, dass nicht von Einweihungen und äußern Zeremonien, sondern allein von sittlicher Verbesserung der zukünftige Zustand der Menschen abhängt. Man würde sich also sehr von dem Wesen des Ordens entfernen, wenn man seinen Gliedern dergleichen Aussichten eröffnen wollte. Ein gleiches kann man auch mit Recht von dem Ursprung der alten Mysterien und der Maurerei sagen. Aber hievon werde ich hernach noch besonders handeln.

So wenig indessen von dieser Seite zwischen den Mysterien der alten Welt und der Maurerei ein Parallel gezogen werden kann, eine so große Übereinstimmung findet sich dagegen zwischen ihnen von einer andern Seite. Dieses liegt nicht sowohl in ihrer gegenseitigen Verwandtschaft, oder darin, dass diese nach dem Muster von jenen gebildet, und eingerichtet wäre: sondern wenn noch heute Mysterien gestiftet würden, die von beiden so weit abgingen, als die Maurerei von den alten Mysterien, so bin ich gewiß, dass in eben dergleichen Stücken eine solche Übereinstimmung statt finden würde. Dieses liegt in der Natur der Sachen selbst.

Das erste, was hier in Betrachtung kommt, ist Nacht und Stillschweigen, womit die Geheimnisse der alten Welt bedeckt wurden. Eben dies gilt auch von den neuen Geheimnissen, oder der Maurerei. Fallen gleich bei den Versammlungen der Maurer jene dramatischen Vorstellungen weg, die bei manchen Geheimnissen der Alten sich fanden, und wozu die Dunkelheit der Nacht sehr vorteilhaft war; so sind doch die maurerischen Geheimnisse so durchgängig der Nacht geweiht, dass man davon wohl schwerlich eine Ausnahme finden mögte. Sogar unechte Maurer ahmen hierin den echten nach, ohne zu wissen, was, und warum sie es tun. Was dazu Gelegenheit gegeben, kann ich eben nicht sagen. Vielleicht haben auch die ehemaligen Lagen, in welchen sich der Orden befand, es notwendig gemacht, zur Nacht seine Zuflucht zu nehmen, um sich gegen die Aufsuchungen und Gefahren zu sichern. Vielleicht aber haben auch die Stifter des Ordens, deren große Kenntnis des menschlichen Herzens man allenthalben wahrnimmt, es für ein schickliches Mittel gehalten, den Sachen mehr Feierlichkeit zu geben, und einen desto tiefern Eindruck auf das Herz der Menschen zu machen, die immer an Sinnlichkeiten haften, wenn mit dem feierlichen Dunkel und der heiligen Stille der Nacht ihre Geheimnisse bedeckt wurden. Vielleicht treffen hier noch ganz andere Ursachen ein.

Das Stillschweigen der Freimaurer von ihren Geheimnissen fließt zwar nicht aus den Gründen her, wodurch die Alten bewogen wurden, ihre Geheimnisse den Augen der Fremden zu entziehen. Aber dem ungeachtet ist dieses Stillschweigen nicht weniger groß und heilig, und man mag noch so viel von Entdeckungen der Maurerei reden, als man immer will: ihr Geheimnis ist noch nie entdeckt, und wird auch wohl immer verschwiegen bleiben. Es kann nicht geleugnet werden, dass die Verbindung der Verschiegenheit, die in den Geheimnissen der Maurerei eben so, wie bei den Alten, abgelegt wird, sie gegen allen Verrat sichert. Aber ich denke, dass auch ohne dies es niemand wagen würde, etwas zu entdecken: Denn wer die Sachen kennt, der weiß auch, dass sie durchaus nicht fürs Publikum gehören. Es wird hier erfüllt, was der Dichter sagt:

„Und unser Ruhm ein unverbrüchlich Schweigen, Das weder Furcht, noch Lieb, noch Wein verführt.“

Und dieses Schweigen ist die Seele des ganzen Ordens. Hier ist wieder eine merkwürdige Übereinstimmung mit jenen alten Geheimnissen. Wenn bei jenen nur bloß Priester geschwiegen hätten, so wäre es kein Wunder: denn deren Interesse erfordete es; und wenn bei den Freimaurern nur diejenigen allein schwiegen, die noch in Verbindung mit Logen stehen, so mögte man auch denken, dass diese Verbindung davon die Ursach sei. Aber bei jenen schwiegen auch Geweihte noch, die nie zur Priesterschaft gehört, und bei diesem Leute, die schon längst aus aller Verbindung mit dem Orden heraus sind.

Eine Sache kann ich hier schon bei dieser Gelegenheit nicht unberührt lassen, und das ist eine Stelle, die ich neulich bei einem Schriftsteller angetroffen habe, der über Jesuiten, Freimaurer und Rosenkreuzer (eine sehr wohl gepaarte Gesellschaft) geschrieben hat. (Über Jesuiten, Freimaurer und deutsche Rosenkreuzer. Von J. Al. Meyer, der Gesellschaft Jesu ehemaligen Mitgliede. Leipzig 1781.p.81) „In aller Welt“, heißt es da, „mein Herr! Sagen Sie mir nur, wer zuerst die Wörter geheime Wissenschaften, Überlieferungen udg. in die Freimaurerei gebracht hat?“ — Ich will diese Fragen nur mit einigen andern erwidern, ohne mich weiter in etwas einzulassen. Sind Sie Freimaurer, mein Herr, warum schweigen Sie? und fordern von demjenigen, den Sie zu ihrem Orden hinzulassen, gleichfalls die strengste Verschwiegenheit? Wollen Sie ihm nicht eine geheime Sache mitteilen? Ist die große Sache, die den Gliedern des Ordens anvertraut wird, bloß was historisches, eine Geschichte vom König Rosenbart von edler Art, ein Rittermärchen; so haben Sie Recht, denn so was kann kein Geheimnis sein. Oder ist es die Entdeckung von der Palingenesie einer ehedes zerstörten Gesellschaft? Als wenn nach hundert Jahren einige sich vereinigten, und ihrer Verbrüderung die Superexistenz des abgeschiedenen Jesuitenordens mitteilten, da würde nun wohl dies eine Art von Geheimnis sein: aber gewiß ein Geheimnis, was allenthalben gegen die Staatsverfassung in allen Ländern anstieße, und also den Hauptgrundgesetzen der Maurerei entgegen wäre. Haben Sie nichts zu verheimlichen, und als kein Geheimnis; warum schweigen Sie? Besteht dasjenige, was Sie verschweigen, nicht in Aufschlüssen, Erkenntnissen, oder Wissenschaften, worin denn? In Zeremonien, die zu nichts dienen, als dass sie Zeremonien sind? Ist das nicht mehr als kindisch? Sie nehmen keine Überlieferungen an; woher haben Sie denn, was sie vom Orden wissen? Von sich, wie die Spinne ihr Gewebe herausspinnt? — Aber sollte diese ganze Frage, wer zuerst die Wörter: geheime Wissenschaften, Überlieferungen udg. in die Maurerei gebracht, nicht vielleicht ein Engel sein, der ausgeworfen wurde, um einen Fisch daran zu erwischen?

Eine andre merkliche Übereinstimmung zwischen den alten und neuen Mysterien geht gewissermaßen die Personen an, die man zu denselben hinzugelassen. Ich wüsste aus dem ganzen Altertum kein einziges Beispiel, dass man zu den großen Mysterien Frauenzimmer hinzugelassen hätte. Freilich von den kleinen waren sie nicht ausgeschlossen. Auch zu den Orgien hatten sie einen Zutritt. Plutarch nimmt aus dem, was sie in den Orgien von dem zukünftigen Zustand erlernt hatte, einen Trostgrund für seine Frau her. (Opp. Tom. II. p.1085) Aber aus eben dieser Stelle sieht man auch, dass er nur von den kleinen Mysterien redet. Man hatte sonst, wie bekannt, Priesterinnen im Heidentum. Selbst bei den kleinen eleusinischen Geheimnissen hatte das Frauenzimmer gewisse Ämter und Beschäftigungen. Aber es ist im ganzen Altertum keine Spur zu finden, dass sie an den großen Mysterien sollten Anteil gehabt haben. So ging es auch in der pythagorischen Schule. Der äußere Unterricht dieses Philosophen war für jedermann, Männer, Weiber, und Kinder: der innere allein für Personen des männlichen Geschlechts. Eben dies findet sich auch in den Geheimnissen der Freimaurer. Sie sind bloß ein Teil des männlichen Geschlechts. Man hat zwar auch eine Maconnerie des Dames, aber ich weiß nicht, ob man dies nicht mehr für eine Beleidigung des andern Geschlechts, als für eine Galanterie halten muss, die es wohl hat sein sollen. Denn was konnte man ihnen anders, als nur eine Puppe geben? Was zu dieser Ausschließung des andern Geschlechts Gelegenheit gegeben, kann man bald entdecken, wenn man nur von weiten mit den Geheimnissen des Ordens und der alten Welt bekannt ist. Geschwätzigkeit war es gewiß nicht, oder Besorgnis, dass bei dem andern Geschlecht die Geheimnisse nicht genug mögten gesichert sein. Es gibt Männer, die geschwätziger sind, und denen ein Geheimnis mehr auf dem Herzen brennt, als einem Frauenzimmer. Unter diesen gibt es im Gegenteil solche Muster von Verschwiegenheit, als man schwerlich in dem ganzen männlichen Geschlecht antreffen dürfte. Überhaupt ist es ausgemacht, dass, wenn gewisse männliche Tugenden dem Frauenzimmer eigen werden, sie es darin zu einem weit höhern Grad der Vollkommenheit bringen. Die erste Veranlassung zu dieser Ausschließung gab unstreitig die Besorgnis, dass aus der Verbindung beider Geschlechter entweder wirkliche Unordnung entstehen, oder doch die Fremden von daher Anlass nehmen mögten, sich nachteilige Vorstellungen von den Geheimnissen zu machen. War daher von einigen Mysterien der Alten das Frauenzimmer ausgeschlossen, so waren es im Gegenteil bei andern die Männer. Um also nicht nur wirkliche Unordnungen zu vermeiden, sondern auch den Fremden keine Gelegenheit zu geben, nachteilig von dem Orden zu denken, so ist dem Frauenzimmer der Zugang zu der Maurerei gänzlich versagt. Waren aber außerdem die Geheimnisse der alten Welt, sowohl nach ihrem Innern, als auch nach den äußeren damit verbundnen Gebräuchen, so beschaffen, dass wohl nicht füglich das andre Geschlecht derselben empfänglich sein konnte, so gilt dieses gleichfalls von der Maurerei.

Eine andre Übereinstimmung findet sich in der Art der Mitteilung selbst. Alle Erkenntnis der Menschen ist stufenweise. Dies ist der menschlichen Natur eigen, die nicht dazu gemacht ist, mehrere Gegenstände auf einmal mit gleicher Deutlichkeit zu fassen und einzusehen. Hiernach waren also auch die Entdeckungen der höhern Geheimnisse bei den Alten eingerichtet. Das symbolische Erkenntnis war das erste, was man in den geheimen Schulen der Ägypter erlernte. Bei den Pythagoräern waren es Rätsel und mathematische Figuren, wozu man anfänglich angeführet wurde. Dies waren gleichsam die Bilder, worunter die tiefverborgne Wahrheit versteckt lag. Diese musste man erst kennen lernen, und man musste auf solche Weise das blöde Auge gewöhnen, das durch den plötzlichen und ganz ungehinderten Anblick ohne Zweifel würde geblendet worden sein. Eine fast gleiche Beschaffenheit hat es mit den Geheimnissen der Maurerei. Sie sind zu groß, als dass sie sogleich in ihrem vollen Licht dem Anblick der Menschen können dargestellt werden. Das würde für den, der dazu gelangte, keine Wohltat sein, sondern wohl gar manchem nachteilig werden. Die Stifter der maurerischen Geheimnisse waren, wie man bei unzählig vielen Gelegenheiten wahrnimmt, große Kenner des menschlichen Herzens. Als solche wählten sie daher einen gleichen Gang in Mitteilung ihrer Geheimnisse, als derjenige war, den man schon in der alten Welt betreten hatte. Man sicherte nicht nur durch die mystischen Hüllen, in welche die erhabenen Geheimnisse eingewickelt wurden, dieselben vor der Neugier der Fremden, und stellte sie auf solche Weise den noch ungewöhnten Augen der Geweihten dar; sondern man hielt es auch für notwendig, nur nach und nach die Söhne des Ordens zum vollen Anblick zu führen, damit sie um desto gründlicher und vollkommener des Guts genießen mögten, das der Orden ihnen gewähren sollte, und welches sie ohnedem nicht in seinem ganzen Umfang zu fassen würden fähig gewesen sein. Wie schön ist es, wenn sich am Ende alles entwickelt, und man am Ziel den ganzen zurückgelegten Weg übersehen kann, und dann mit Freude und Bewunderung sieht, dass nichts vergebens, nichts umsonst gewesen war.

Man gelangte in der alten Welt nicht anders, als nach manchen beschwerlichen Prüfungen, zum Anteil an den großen Geheimnissen, und schon die Einweihung zu den kleinen war mit dergleichen Gebräuchen verbunden. Einige derselben waren bloß in der Absicht angeordnet, dass sie Prüfungen sein, auch wohl denjenigen, der sich den Geheimnissen nahen wollte, davon zurückhalten sollten. Von der Art waren die Prüfungen, denen sich Pythagoras bei den ägyptischen Priestern unterwerfen musste. Andre dagegen waren, so viel man abnehmen kann, entweder bedeutend, oder hatten physikalische Ursachen zum Grunde. Der Zugang zu den Geheimnissen der Maurerei hat gleichfalls seine vorhergängigen Prüfungen, und wenn gleich diese von denenjenigen der alten Mysterien sehr weit unterschieden sind, so ist doch der Weg auch hier nicht ohne Schwierigkeiten. In gewisser Hinsicht kann man sagen, dass das ganze Leben eines Maurers, bis er zur glücklichen Vollendung gelangt, eine Zeit der Prüfung ist, und der Orden würde gewiß sehr unvorsichtig handeln, und den hohen Wert desjenigen, was er in seinem Innern verschließt, nicht gehörig zu schätzen wissen, wenn er jedem ohne Unterschied dasselbe anvertrauen sollte, ohne sich vorher vollkommen überzeugt zu haben, dass er sein Geheimnis würdigen und zuverlässigen Leuten anvertrauet.

Eine andre wichtige Übereinstimmung findet man zwischen den alten und neuen Mysterien, wenn man ihrer beiden Endzweck gegen einander hält. Der Gegenstand in beiden ist freilich sehr von einander verschieden, wie einem jeden, der nur etwas mit den Geheimnissen der Alten bekannt ist, gar bald sichtbar werden muss. Es gehört zu den ersten Haupt- und Grundsätzen der Maurerei, dass ihre Geheimnisse nichts enthalten, was mit der Religion, es mag im Staat eine christliche Partei, oder Kirche, die herrschende sein, welche es immer wolle, in einige Kollision kommt. Die großen Mysterien der Alten hingegen waren, außer einigen wissenschaftlichen Kenntnissen, die geradeste Antithese der im Staat herrschenden Religion. Aber dennoch kann zwischen den Geheimnissen der Maurerei und den Geheimnissen der Alten, was den Zweck anbetrifft, ein sehr genaues Parallel gezogen werden. Der Zweck der kleinen Mysterien war mit dem Staat in Verbindung; der Zweck der größeren hingegen gar nicht: er ging allein diejenigen an, die so glücklich gewesen waren, zu denselben einen Zugang zu erhalten. Er bestand allein darin, dass man die wahre Lehre, die man nicht öffentlich sagen konnte, oder wollte, oder sollte, aufbewahrete, sie einer würdigen Nachkommenschaft anvertraute, und auf solche Weise dem gänzlichen Untergang entriss: und gewiß diejenigen, die zu denselben eingeweiht waren, mussten sich vor allen andern Menschen, die neben ihnen stunden, ungemein glücklich schätzen. Mich wundert es gar nicht, dass die Alten von ihren Geheimnissen so ungemein vorteilhaft geurteilt haben, da sie ihnen in der Tat so sehr vieles gewährten. Gerade so verhält es sich auch mit dem Zweck der Geheimnisse des Freimaurerordens. Ihre ganze Natur und Beschaffenheit leidet es nicht, dass sie der Welt bekannt gemacht werden. Aber dasjenige, was sie gewähren, vorm Untergang zu bewahren, und einer würdigen Nachkommenschaft eben so wieder zu überliefern, als man es empfangen, das ist der Zweck der Freimaurer. Dieser Zweck kann daher auch nur allein auf diejenigen sich erstrecken, die zu diesem Orden gehören, und diese müssen auch natürlicher Weise das große Glück empfinden, das ihnen auf solche Weise vor so ungemein vielen ihrer Nebenmenschen zu Teil geworden ist. Es kann also niemand befremden, wenn ein Freimaurer seinen Orden aufs vorteilhafteste zu schildern sucht.

Hiemit fallen auch die Einwürfe weg, die ein ungenannter Verfasser, auf eine für ihn selbst sehr beschämende Weise, wider die Freimaurerei noch neuerlichst gemacht hat. (Gedanken über die Freimaurerei) Denn ist dieses der Zweck des Ordens, und ich kenne keinen andern; wie kann man sich denn wundern, dass von den Absichten, die die Maurer zu erreichen suchen, nichts bekannt wird? Wie kann man ihr Geheimnis für ein Unding erklären, weil es sich nicht mit seinen Folgen und Wirkungen auf die ganze Welt erstreckt? Ist das Geheimnis ein Gut, das nur an die Sozietät gebunden ist; so kann es nicht weiter, als innerhalb dieser Gesellschaft wirken. Ist Erhaltung und Fortpflanzung dieses Guts der Zweck des Ordens; so kann davon nichts anders dem Publikum sichtbar werden, als dies einzige, dass die Freimaurer sich zu erhalten suchen.

Ein Kenner der alten und neuen Geheimnisse wird unstreitig noch mehrere einzelne Züge sammeln können, worin beide miteinander übereinstimmen, und wieder von einander abgehen. Was indessen hier gesagt ist, wird schon hinreichend sein, um überhaupt von den neuen Mysterien einige allgemeine Begriffe zu geben.

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